Bei Menschen, die unter Anämie leiden, kommt es aufgrund gewisser Anomalien oder niedrigem Hämoglobin zu einer verringerten Sauerstoffaufnahme. Die Behandlung der Blutarmut erfolgt hauptsächlich durch Ernährungsumstellung aber auch Transfusionen und andere intensive Maßnahmen kommen meistens in komplizierten Krankheitsfällen zum Einsatz, mit der Knochenmark-Transplantation als letzter Behandlungsoption. Dieser Eingriff ist die einzige Langzeitlösung, die normale Blutbildung bei der Fanconi-Anämie, der Sichelzellenanämie und anderen vererbbaren Formen der Anämie wiederherstellen kann.
Blut aus der Nabelschnur (UCB: Umbilical Cord Blood; Nabelschnublut) und der Plazenta wurde zum ersten Mal 1998 für eine Allotransplantation bei einem 5-jährigen Jungen, der an Fanconi-Anämie litt, verwendet. Dazu wurde kryokonserviertes Nabelschnurblut der Schwester des Patienten mit identischen HLA-Merkmalen (Human Leukocyte Antigen; Humanes Leukozytenantigen) aufgetaut und dem Patienten infundiert. Vor der Transplantation enthielt das Knochenmark wenige oder keine Vorläuferzellen. 120 Tage nach erfolgter Transplantation wurde normale bis überdurchschnittliche Konzentrationen der Vorläuferzellen festgestellt.
Die Wiederherstellung der zellulären Konzentration war im Vergleich zu Patienten, die sich der Transplantation mit HLA-kompatiblem allogenem Knochenmark unterzogen, verzögert. Wahrscheinlich hängt diese Verzögerung mit der Unreifheit und der geringeren Differenzierung der hämatopoetischen und Vorläuferzellen zusammen. Fünf Monate nach der Transplantation wurde der Patient bei normalem klinischem Zustand entlassen. Neun Monate nach der Infusion führte der Patient ein normales Leben ohne Anzeichen der GVHD (Graft versus Host Reaction; Graft-versus-Host-Reaktion).
Anhand dieser Studie konnte der Einsatz von Nabelschnurblut als Material für Knochenmarktransplantationen in den nächsten beiden Jahrzehnten erweitert werden.
Nabelschnurblut wird aktuell für Transplantationen bei Sichelzellenanämie aufgrund des geringeren Risikos einer Graft-versus-Host-Reaktion verwendet. Dadurch wird die Transplantation eines nur partiell HLA-kompatiblen Produkts ermöglicht.
Aktuelle Studien belegen das Potential der ex-vivo Entwicklung von Stammzellen unter Verwendung von Wachstumsfaktoren, Prostaglandinen und Nicotinamid vor der Infusion. Allerdings ist die optimale Kombination aus optimaler Konzentration der Reagenzien und optimalen Laborbedingungen bislang nicht geklärt.
So wurde zum Beispiel gezeigt, dass eine Co-Kultur von UCB-Einheiten mit MSCs (Mesenchymal stem cells; Mesenchymale Stammzellen) und stimulierenden Zytokinen, im Vergleich zu einer alleine aus Zytokinen bestehenden Zellkultur, die Entwicklung von kernhaltigen und hämatopoetischen Zellen (HPC) fördert. Tatsächlich wird davon ausgegangen, dass der Kontakt zwischen einzelnen Zellen, zusätzlich zu den gelösten Wachstumsfaktoren, die Entwicklung von Stammzellen fördert.
Andere Strategien nutzen die Manipulation von Signalwegen, die für Zellwachstum verantwortlich sind. Insbesondere wird davon ausgegangen, dass der Notch-Signalweg wichtige regulatorische Funktionen für das Wachstum und die Differenzierung menschlicher HPC besitzt. Diese verstärkenden Ex-Vivo-Faktoren können den Ausgang von Nabelschnurtransplantationen deutlich verbessern, denn das größte Problem bei der Verwendung dieser Art von Stammzellen ist die begrenzte Anzahl von HPC in einer einzelnen UCB-Einheit.
In Zukunft sollten mehrere Laborbedingungen für bessere Transplantationsmöglichkeiten definiert werden. Vor allem ist hier die Bestimmung der am besten geeigneten Unterpopulationen der UCB-Zellen und der besten molekularen Signalwege für ihre Entwicklung, Erhaltung und Erneuerung von entscheidender Bedeutung. Ausgehend von dem enormen Fortschritt seit 1998, als Blutarmut zum ersten Mal mit innovativer Therapie behandelt wurde, sehen die Perspektiven für diese Therapieoption mehr als positiv aus.
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